Unterarm und Handgelenk
Distale Radiusfrakturen
Distale Radiusfrakturen sind die häufigste Fraktur der oberen Extremität. Man unterteilt die Frakturen in loco typico in Extensions- (Colles) und Flexionsfrakturen (Smith), je nach Traumamechanismus und der resultierenden Abkippung des distalen Fragmentes. Außerdem benannt sind Chaffeur-Frakturen als Fraktur des Proc. styloideus radii. Eine zusätzliche Verletzung der Ulna ist bei hoher Krafteinwirkung möglich, meist eine Abrissverletzung des Proc. styloideus ulnae und gegebenenfalls eine Verletzung des triangulären fibrocartilaginären Komplexes (TFCC), der als Diskus eine Dämpferfunktion zwischen Ulna und Handwurzelknochen übernimmt. Auch das distale Radioulnargelenk (DRUG) kann bei mehrfragmentären Frakturen eine Instabiltät aufweisen.
Enstehungsmechanismus einer Extensionsfraktur (Colles-fracture)
Colles-Fraktur (Extensionsfraktur)
In der Literatur sind zahlreiche Klassifikationssysteme für die distale Radiusfraktur beschrieben. Des Weiteren sind wiederkehrende Frakturmuster mit Eponymen belegt. Zur systematischen Deskription wird in der Regel die AO Klassifikation verwendet. Es werden A (extraartikulär), B (intraartikulär) und C (intraartikulär mehrfragmentär)-Verletzungen unterschieden. Instabilitätskriterien sind eine eingestauchte Trümmerzone, ein Abriss des Proc. styloideus ulnae, Radiusverkürzung, Abkippen des distalen Fragmentes >20° nach dorsal oder palmar, radioulnar Dissoziation, Tendenz zur Redislokation nach Reposition.
Die folgenden Eponyme werden oft in der Klinik verwendet:
- Colles Fraktur: Fraktur mit Dislokation nach dorsal. Zusätzlich kann sich eine radiale Abkippung sowie eine Verkürzung des Radius Einstellen. Der typische Unfallmechanismus ist der Sturz auf die dorsal flektierter Hand
- Smith Fraktur: Abkippung des distalen Radiusfragmentes nach palmar. Ursache ist ein Sturz auf das flektierte Handgelenk
- Barton Fraktur: Abbruch eines dorsalen Kantenfragments am distalen Radius
- Chauffeur Fraktur: Abbruch des Prozessus styloideus radii. Es muss eine Begleitverletzung der skapholunären Bänder bedacht bzw. durch weiterführende Diagnostik ausgeschlossen werden.
- "Die Punch Fracture": Impressionsfraktur der Fossa lunata
Physiologische Winkelverhältnisse am distalen Radius
A2 Fraktur mit Fraktur des Proc. styloideus ulnae
C1 Fraktur: Einfach intraartikulär
Chauffeur Fraktur = Fraktur des Proc. styloideus radii
Therapie
Eine konservative Therapie ist bei einfachen Frakturen ohne signifikante Dislokation (<2mm) oder reduziertem Funktionsanspruch (z.B. Alter/Demenz) indiziert.
Nach geschlossener Reposition im Aushang erfolgt die Anlage einer dorsalen Gipsschiene. Es erfolgen Röntgenkontrollen nach 7,14 und 21 Tagen. Nach ausreichender Abschwellung der Weichteile kann auf einen zirkulären Gipsverband umgestellt werden. Es muss penibel darauf geachtet werden, dass keine Druckstellen im Gips entstehen. Es gilt die Regel, ein Patient der Schmerzen im Gipsverband angibt hat immer Recht und es muss der Gips gewechselt werden.
Die operative Therapie mittels offener Reposition und interner Fixation mittels Plattenosteosynthese ist der Standard bei Extensions-/Flexionsfrakturen. Je nach Frakturtyp kann ein palmarer gegen einen dorsalen Zugang abgewogen werden. Je nach Frakturmuster und Knochenqualität erlaubt die operative Versorgung eine frühfunktionelle Nachbehandlung ohne weitere Ruhigstellung.
Chaffeur-Frakturen können mit K-Draht oder Schraubenosteosynthesen versorgt werden. Bei polytraumatisierten Patienten kann eine Versorgung im Fixateur externe erfolgen, diese Behandlung ist jedoch mit einem erhöhten Risiko eines chronisch regionalen Schmerzsyndroms CRPS) assoziiert. Risikofrakturen für die Entstehung sind eine Nervenschädigung, eine intraartikuläre Fraktur sowie therapeutische/diagnostische Eingriffe. Zur Prophylaxe dieser schweren Komplikation ist adäquate Analgesie während der Reposistion und perioperativ, sowie eine nicht einschnürende Verbandstechnik zu achten.
Postoperativ besteht nach dorsaler Plattenosteosynthese ein erhöhtes Risiko für eine Sehnenruptur weshalb sich eine regelhafte Implantatentfernung nach 4-6 Monaten anschließt, während die palmare Platte meist durch die Übernähung des M. pronator quadratus räumlich von den Beugesehnen getrennt liegt. Sowohl nach konservativer und operativer Therapie wird ein vermehrtes Auftreten von Sehenscheidenentzündungen und Karpaltunnelsyndromen beobachtet.
Perkutane Kirschnerdraht-Osteosynthese
Schraubenosteosynthese bei Chauffeur Fraktur
(i.d.R. übungsstabil)
Palmare Plattenosteosynthese
Fixateure externe