Dialysezugänge

Der Dialysepatient in der Gefäßchirurgie

Der akut oder chronisch terminal niereninsuffiziente Patient benötigt für eine – wenn vielleicht auch nur vorübergehend notwendige – Hämodialyse einen adäquaten Dialysezugang. Dieses Problem ist häufig Gegenstand konsiliarischer Anfragen an den Gefäßchirurgen. Die Indikationsstellung zur Dialyse sollte dabei interdisziplinär gestellt werden, i.e.L. gemeinsam mit Nephrologen, ggf. betreuenden Intensivmedizinern und Gefäßchirurgen. Die dabei geläufigsten Zugänge, ihre Eigenschaften und Komplikationen sollen im Weiteren kurz vorgestellt werden:

1. Der Shaldonkatheter

Der Shaldonkatheter ist ein dicklumiger Polyurethan (PU)- oder Silikonkatheter, der ähnlich wie ein zentraler Venenkatheter (ZVK) in Seldingertechnik, d.h. drahtgeführt, über eine großlumige Vene in die Vena cava superior gelegt wird. Über einen von meist zwei Schenkeln wird venöses Blut angesaugt, im Rahmen einer Hämodialyse oder kontinuierlichen Hämofiltration (z.B. CVVH) aufbereitet und dann über den zweiten Schenkel dem Patienten rückgeführt. Vorzugsweise wird der Shaldon auf der Intensivstation von Intensivmedizinern als temporärer Dialysezugang gelegt, wenn ein Patient z.B. im Rahmen einer Sepsis akut niereninsuffizient wird. Die Liegedauer sollte kurz sein und zwei Wochen eher nur im Ausnahmefall überschreiten. Bevorzugte Punktionsstelle ist die rechte oder linke V. jugularis interna, im Ausnahmefall kann die V. femoralis (cave Infektionsgefahr!) oder die V. subclavia (cave Pneumothorax und A. subclavia – Verletzung!) punktiert werden. Der Shaldon ist keine Dauerlösung, für die kurzfristige Benutzung haben sich ungetunnelte, vorgebogene Katheter bewährt. Im Falle der Nichtbenutzung muss der Shaldon mit Heparin oder Citrat „geblockt“ werden. Der Katheter wird zumeist ohne das Zutun eines Gefäßchirurgen gelegt.

2. Der Demerskatheter

Der Demerskatheter ist ähnlich wie der Shaldonkatheter ein dicklumiger PU- oder Silikonkatheter, der operativ über einen kleinen cervikalen Schnitt zumeist in die rechte Vena jugularis interna eingebracht wird. Danach wird der Katheter subcutan bis auf die vordere Brustwand getunnelt. Eine mit dem Katheter verbundende „Dacron-Muffe“ verhindert durch Einwachsen in die Subcutis Dislokation und Keimaszension. Dadurch kann der Demerskatheter längerfristig oder sogar dauerhaft für die Dialyse genutzt werden.

Diskutiert werden hinsichtlich ihrer Blutflusseigenschaften verschiedene Kathetertypen, die sich in erster Linie an ihrer Spitze unterscheiden: step-tip-, split-tip-, symmetric-tip-, shotgun-, und Palindrom-Katheter sind hier zu nennen.

Der Demerskatheter bietet sich  zum Beispiel zur Überbrückung an, bis eine simultan angelegte AV-Fistel ausgereift ist. Aber auch für den älteren, schwer herzinsuffizienten Patienten, der keine geeignete Shuntvene aufweist, sozusagen „ausgeshuntet“ ist, und kein hohes Shuntvolumen verträgt, kann er eine Lösung darstellen.

Hauptprobleme stellen Dislokation, Thrombose und Katheterassoziierte Infektionen dar.

Auch der Demerskatheter muss geblockt werden.

Demerskatheter werden zunehmend zur Erstdialyse und dauerhaft verwendet, wenn sich unter Nephrologen und Gefäßchirurgen auch die Maxime durchgesetzt hat, Hämodialysekatheter zur vermeiden.

3. Die arterio-venöse Fistel

Ciminofistel-OP

Für viele Gefäßchirurgen und Nephrologen stellt entsprechend  der „fistula first-Strategie“ die sogenannte Ciminofistel den Goldstandard des Dialysezugangs dar.  Hierbei wird in Erwartung einer zukünftigen Hämodialyse bei dem präterminal niereninsuffizienten Patienten am adominanten, distalen Unterarm eine Kurzschlussverbindung zwischen der Vena cephalica und der Arteria radialis angelegt. Über einen oder zwei kleine Schnitte wird dabei die Vene mobilisiert, nach distal abgesetzt und in End-zu-Seit-Technik mit nicht resorbierbarem Faden (z.B. Prolene 6-0 oder 7-0) an die arteriotomierte Arteria radialis anastomosiert. Der Eingriff kann in Lokalanästhesie, Plexusanästhesie oder in Intubationsnarkose erfolgen. Ziel ist es, eine Arterialisation und Dilatation der angeschlossenen Vene zu erreichen.

Läuft ein Shunt gut, so zeigt er palpatorisch bereits intraoperativ ein „Schwirren“. Mit dem Stethoskop kann man ein „Maschinengeräusch“ auskultieren.

Fistelreifung

Bis die Shuntvene durch den Dialysearzt punktiert werden kann, muss sie allerdings reifen, man spricht hier von der Shuntmaturation. Diese wird durch die sogenannte „6er-Regel“ definiert: 6 Wochen nach Anlage sollte die Shuntvene ca. 6mm im Durchmesser haben, nicht tiefer als 6mm unter der Haut liegen und >600ml Blutfluss/Min. im Farbduplex-Ultraschall aufweisen. Dann kann die Vene punktiert werden.

Angesicht einer Rate verzögerter Fistelreifung von bis zu 60% nach Anlage stellt es für den Nephrologen eine Herausforderungen dar, vorher genau den Zeitpunkt zu bestimmen, wann die Fistel benötigt wird.

Ciminofistel

Shuntplanung

Neben der Palpation der Handgelenksarterien ist bei Planung zur Shuntanlage die Durchführung des Allen-Testes essentiell, um einer späteren Minderperfusion der Hand nach Shuntanlage vorzubeugen (Stealphänomen!). Die zukünftige Shuntvene wird mit Ultraschall in ihrem Durchmesser (geeignet >2mm) und Verlauf (drainierende Seitenäste? Vorbestehende Stenosen?) verfolgt und bestenfalls angezeichnet. Es sollte primär der nicht-dominante Arm verwendet werden.

Generell können überall am Arm Kurzschlussverbindungen zwischen Arterie und Vene geschaffen werden, so zum Beispiel auch zwischen der Vena cephalica oder Vena basilica und der Arteria brachialis / cubitalis am distalen Oberarm. Aufgrund ihres anatomischen Verlaufes muss die Vena basilica nach Anschluss in einem weiteren Schritt jedoch vorverlagert oder „transponiert“ werden, damit sie punktiert werden kann. Auch sind die kaliberstärkeren, proximalen Venen mit einem höheren Shuntfluss verbunden, was bei einem herzinsuffizienten Dialysepatienten zur kardialen Dekompensation (Vorlast!) führen kann. Der Anteil des Shuntflusses am Herzzeitvolumen sollte dabei nicht über 22% liegen.

Prothesenshunts

Findet sich keine geeignete Vene (mehr), so kann auch eine Kunststoffprothese verwendet und als Schleife (loop) oder gerade (straight) zwischen Arterie und Vene am Arm interproniert werden. Prothesen aus PTFE können dabei bereits nach 12-24h angestochen werden. Das Hauptproblem ist jedoch die hohe Infektanfälligkeit von Prothesenshunts.

Take home Messages...

... Beim präterminal Niereninsuffizienten oder Dialyse-Patienten keine Venenverweilkanülen oder Blutentnahmen am Arm! Die Venen werden noch benötigt und stellen seine „Lebensversicherung“ dar! (z.B. auch für den PJler wichtig!)

... Den richtigen Zeitpunkt zur Shunt-Anlage finden!

... „Fistula first“ - in erster Linie Vene verwenden!

... Hämodialysekatheter wenn möglich vermeiden!

... Soweit distal am nicht-dominanten Arm beginnen wie möglich!

... Schwirrt die Shuntvene intraoperativ?

... Regelmäßige Ultraschallkontrolle, um Stenosen vorbeugen zu können – Shuntsurveillance!

... Frühzeitige Re-Intervention!